Angehörigenarbeit Teil 4: Der Anfang

In vielen Einrichtungen der stationären Altenhilfe sind die Angehörigen wichtig, denn sie sind Kunden und entscheiden darüber, ob alte Menschen als Gäste in ein Heim kommen. Da gibt es besondere Termine, Gespräche mit Heim- oder Pflegedienstleitung, Hausführungen und andere Bemühungen. Da fällt die Entscheidung über die Heimunterbringung, die neue Bewohnerin oder neue Bewohner erhält einen freundlichen Empfang – und dann pausiert meistens die Beschäftigung mit den Angehörigen. Sie erhalten vielleicht noch einen Fragebogen zur Biografie der Bewohnerin, des Bewohners, der die pflege erleichtern soll. Doch das ist es. Die Beziehungsqualitäten zwischen den neuen Bewohner/innen und den Partner/innen oder Kindern bleiben außen vor. Doch sie zeigen sich, sie machen sich in Störungen und Dramen bemerkbar, wie die obigen Beispiele und viele andere zeigen.

Deswegen sollte Angehörigenarbeit eine besondere Aufgabe der sozialen Dienste sein, und zwar am Anfang der Heimunterbringung. Dazu gehören Gespräche mit den Angehörigen. Diese kosten Zeit, die aber später wieder um ein Vielfaches eingespart wird.

In den Gesprächen mit den Angehörigen sollte es nicht vorrangig um die Heimbewohner/innen gehen, auch nicht um die Angehörigen, sondern um die Beziehungen zwischen ihnen. Dafür gelten keine Frageleitfäden, dazu zählt Interesse, Offenheit und der Mut, Fragen zu stellen, die Gefühle betreffen. Es gilt, nach den Wünschen und Erwartungen zu fragen: Was würde Sie im Heimalltag ärgern? Was wünschen Sie sich für Ihre Mutter, für sich? Auch nach möglichen Schuldgefühlen: Wollte Ihre Mutter ins Heim? Wollten Sie das oder eher nicht? Themen wie Sterben und Tod sollten ebenso angesprochen werden wie Erfahrungen mit Krieg, Flucht, sexueller oder anderer Gewalt. Wichtig ist, die Angehörigen zu fragen: Was brauchen Sie?

Solche Gespräche sollten in der Regel einzeln geführt werden, um den Schutz der Vertraulichkeit zu wahren. Wenn sich drei oder vier Angehörige als interessierter Kern zusammenfinden, kann daraus eine Angehörigengruppe unter Leitung einer Mitarbeiterin der Einrichtung entstehen. Diese Gruppen funktionieren dann, wenn die Teilnehmenden darin Entlastung finden

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About Udo Baer

Dr. phil. (Gesundheitswissenschaften), Diplom-Pädagoge, Kreativer Leibtherapeut AKL, Mitbegründer und Wissenschaftlicher Berater der Zukunftswerkstatt therapie kreativ, Wissenschaftlicher Leiter des Instituts für soziale Innovationen (ISI) sowie des Instituts für Gerontopsychiatrie (IGP), Vorsitzender der Stiftung Würde, Mitinhaber des Pädagogischen Instituts Berlin (PIB), Autor

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