- Die übersehene Gewalt in den Familien Teil 1: Der Machtkampf und die Erniedrigung: „… du musst das für mich tun.“
- Die übersehene Gewalt in den Familien Teil 2 : „Die nimmt jetzt so richtig Rache an mir …“
- Die übersehene Gewalt in den Familien Teil 3: Ungleichbehandlung: „Ich war immer schon das Aschenputtel …“
- Die übersehene Gewalt in den Familien Teil 4: Unterschwellige Aggression: „Mein Auto behalte ich …“
- Die übersehene Gewalt in den Familien, Teil 5: Leise Gewalt: „Besser, ich wäre tot.“
„Ich bin zu nichts mehr zu gebrauchen.“ „Besser, ich wäre tot.“ „Nein, schenk mir nichts mehr zum Geburtstag, das lohnt sich nicht mehr.“ Solche und ähnliche Äußerungen weisen auf das erschütterte und erschütternde Innenleben eines pflegebedürftigen alten Menschen hin, auf sein Empfinden, dass sein Leben wirkungslos und sinnlos ist. Dies ist an sich schon schmerzlich. Und solche Sätze haben auch eine Wirkung auf die pflegenden Angehörigen. Diese Aussage trifft diese oft wie ein zusätzlicher Pfeil ins Herz: „Ich tue doch alles, um dir zu zeigen, wie wichtig du mir bist, und dann sagst du so was. Was soll ich denn noch tun?“
Den alten Menschen mag die verletzende Wirkung solche Äußerungen zumeist gar nicht bewusst sein. Sie scheinen zu meinen, dass sie nur über sich reden. Doch alle Äußerungen der Menschen haben immer auch Wirkung auf andere und hier sind die Wirkungen verletzend aggressiv. Die pflegenden Angehörigen fühlen, dass sie nicht gesehen oder gehört werden. „Als wäre ich gar nicht da“, meinte ein Sohn. Sie gehen mit ihrer Wertschätzung und Zuneigung, ihren Anstrengungen und ihrer Liebe ins Leere und das tut weh.
Das zeigt auch das folgende Beispiel. „Wir haben beschlossen, uns anonym beerdigen zu lassen“, eröffnen die alten Eltern ihren Kindern. Der Tod des Vaters steht unmittelbar bevor. Der Sohn fängt an zu weinen, die Tochter ist vor Schreck erstarrt. Die Eltern sind vollkommen überrascht und fassungslos angesichts dieser Reaktionen. Sie hatten überhaupt nicht damit gerechnet, dass dieser Entschluss ihren Kindern wehtun könnte. Ihr Selbstwertgefühl bzw. ihr mangelndes Selbstwertgefühl ließ sie die Bedeutung, die sie für ihre Kinder hatten, vollkommen unterschätzen. Und damit trafen Sie sie „mitten ins Herz“.
Siehe auch das Buch von:
Udo Baer, Gabriele Frick-Baer, Gitta Alandt: Wenn alte Menschen aggressiv werden Rat für Pflegende und Angehörige, BELTZ Verlag, ISBN: 978-3-407-85986-0
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