- Die übersehene Gewalt in den Familien Teil 1: Der Machtkampf und die Erniedrigung: „… du musst das für mich tun.“
- Die übersehene Gewalt in den Familien Teil 2 : „Die nimmt jetzt so richtig Rache an mir …“
- Die übersehene Gewalt in den Familien Teil 3: Ungleichbehandlung: „Ich war immer schon das Aschenputtel …“
- Die übersehene Gewalt in den Familien Teil 4: Unterschwellige Aggression: „Mein Auto behalte ich …“
- Die übersehene Gewalt in den Familien, Teil 5: Leise Gewalt: „Besser, ich wäre tot.“
„Die nimmt jetzt so richtig Rache an mir“, erzählt ein pflegender Angehöriger mit leiser, zittriger Stimme, in der neben Traurigkeit auch unterdrückter Zorn mitklingt. „So empfinde ich das, glauben Sie mir!“ Die beiden Ehepartner haben sich versprochen, dass sie im Alter die Pflege füreinander, so gut sie können, übernehmen wollen. Und er lässt keinen Zweifel daran, dass er seine Frau pflegen will. Aber er leidet unter alten Beziehungsmustern mit umgekehrten Vorzeichen.
„Jetzt, wo ich alt bin und auch meine gesundheitlichen Schwierigkeiten habe und nicht mehr so kann, zahlt sie mir alles heim, womit ich sie verletzt habe. Dass ich sie nicht genug beachtet hätte, dass sie mir nie was hätte so richtig recht machen können, dass ich so oft lieblos und unfreundlich gewesen wäre usw. usw. Und richtig hämisch wird sie, wenn sie sagt, dass ich auch jeden Tag an Attraktivität verliere. Vor allem diese Häme, die tut mir richtig weh. Dagegen weiß ich mich nicht zu wehren. Egal, was ich alles falsch gemacht haben mag, und da fällt mir ne Menge ein – ich habe doch immer zu ihr gestanden und tue das auch immer noch. Warum macht sie das? Warum macht sie uns das Leben so schwer?“
Den Vorschlag, einen ersten Schritt zur Veränderung des eingespielten Beziehungsmusters zu versuchen, indem er seiner Frau seine Verletzung mitteilt, nimmt er an. Er erzählt ihr, was ihn kränkt. Er versichert ihr seine Liebe. Er bedauert, was er früher falsch gemacht hat. Und er offenbart ihr seine Sehnsucht nach Veränderung und Frieden. Es wirkt.
Udo Baer, Gabriele Frick-Baer, Gitta Alandt: Wenn alte Menschen aggressiv werden Rat für Pflegende und Angehörige, BELTZ Verlag, ISBN: 978-3-407-85986-0
- Gewaltprävention in sozialen Institutionen: 2.Text: Die Haltung - 10. Mai 2022
- Gewaltprävention in sozialen Institutionen: 1.Text: Warum ein Gewaltpräventionskonzept notwendig ist - 12. April 2022
- Die Trauer der Angehörigen - 22. März 2022
- „Tulpen aus Amsterdam“ - 1. Februar 2022
- „Dürfen“ Angehörige wütend sein? - 11. Januar 2022