Angehörigenarbeit Teil 3: Schuld, Liebe , Hass…..was tun?

Wie ist damit umzugehen? SMEI verfolgt den Ansatz, zu würdigen, was ist. Alles ist zu würdigen – auch die Gefühle, auch die Gefühle im Subtext, die verborgen und unausgesprochen bleiben. Deswegen ist zunächst einmal wichtig zu verstehen, dass es hier um emotionale Beziehungsqualitäten geht, um Gefühle, die sich in diesen Beziehungen „austoben“. Und auf Gefühle muss emotional reagiert werden. Gefühle brauchen andere Gefühle, zumindest auch.

„Vernünftig“ zu reagieren und zu erklären, dass die Blumenvase doch noch genug Wasser hat und dass es für die Ehefrau sicherer sei im Heim – all das reicht nicht aus. Es braucht Bewusstsein, aber Bewusstsein, dass sich auf die Emotionen bezieht. Es ist wichtig und notwendig, zum Beispiel über Schuldgefühle zu sprechen. Es ist wichtig, den Herren zu bestärken, dass er seine Frau liebt, dass diese Liebe großartig ist und dass sich die Liebe seiner Frau sich auch in seiner Sehnsucht zu ihm zeigt. Und es ist auch wichtig, mit der Tochter von Frau L. aus dem ersten Beispiel darüber das Gespräch zu suchen, was denn die Beziehung zu ihrer Mutter früher belastet hat.

Wenn Therapeut/innen oder Sozialarbeiter/innen sich zu diesen Themen als Gesprächspartner anbieten, bieten sie den Angehörigen auch Entlastung an. Diese Entlastung kann die Kraft, die zu den Belastungen führt, vermindern. Wenn die Angehörigen Gehör finden, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass danach Traurigkeit auftaucht. Der Mann, dessen Frau wieder zu ihm nach Hause möchte, braucht Unterstützung im Trauern. Denn es ist traurig, seine Frau so zu verlieren. Wenn die Schuldgefühle sich in Traurigkeit umwandeln, weil das Versprechen gebrochen werden musste, verliert die Aggressivität vielleicht ein Stück des Bodens. Und auch im ersten Beispiel kann vielleicht das Leid, das früher der Tochter geschehen ist, betrauert werden. Nicht alle, wahrscheinlich sogar nur eine Minderheit der Angehörigen, werden sich auf solche Gespräche und solche Prozesse einlassen. Auch wenn dies nur bei wenigen Erfolg hat, ist es das wert, das Angebot zu unterbreiten und den Versuch zu unternehmen.

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About Udo Baer

Dr. phil. (Gesundheitswissenschaften), Diplom-Pädagoge, Kreativer Leibtherapeut AKL, Mitbegründer und Wissenschaftlicher Berater der Zukunftswerkstatt therapie kreativ, Wissenschaftlicher Leiter des Instituts für soziale Innovationen (ISI) sowie des Instituts für Gerontopsychiatrie (IGP), Vorsitzender der Stiftung Würde, Mitinhaber des Pädagogischen Instituts Berlin (PIB), Autor

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