Auch bösartige Menschen werden alt – was tun? Teil 1: Warum Roheit?

Wir Menschen haben alle die grundsätzliche Fähigkeit des Mitgefühls. Wir können uns in das Leiden anderer Menschen hineinversetzen. Wir sind so in der Lage, deren Schmerz zu spüren. In bildgebenden Verfahren haben Neurobiolog/innen zeigen können, dass dabei spezialisierte neuronale Systeme im Gehirn aktiv sind. Die Teilsysteme im Gehirn, die das Mitgefühl ermöglichen, werden Spiegelneuronen genannt.

Nun können Menschen diese Fähigkeit verloren haben. Dieser Verlust geschieht nicht aus heiterem Himmel, sondern durch Erfahrungen von Bösartigkeit und Prügel und unterlassener Hilfeleistung, vor allem, wenn Gewalterfahrungen verbunden sind mit der „Leere danach“, dem Alleinsein, dem Fehlen von Mitgefühl, Trost usw. Dann werden die Gewalterfahrungen weitergegeben, dann entsteht Rohheit und gewalttätiges Verhalten. Es ist bekannt, dass es solche Rohheit häufig gegenüber Kindern gibt, die sich in Schlägen, in sexueller Gewalt und anderen Erniedrigungen äußert. Solche rohen und verrohten Menschen werden alt und pflegebedürftig. Doch weder die Pflegebedürftigkeit noch das hohe Alter machen sie zu besseren Menschen. Durch Pflegebedürftigkeit erwerben sie nicht plötzlich die Fähigkeit zum Mitgefühl. Also setzen sie ihre Rohheit, die sich in Aggressivität und Gewalttätigkeit auslebt, fort. Wenn sie sie nicht mehr an ihren Angehörigen auslassen können, dann tun sie dies an Mitbewohnerinnen und Mitbewohnern oder an den Menschen, die sie pflegen.

Siehe auch das Buch:

Udo Baer, Gabriele Frick-Baer, Gitta Alandt: Wenn alte Menschen aggressiv werden Rat für Pflegende und Angehörige,                                                                                                     BELTZ Verlag, ISBN: 978-3-407-85986-0

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About Udo Baer

Dr. phil. (Gesundheitswissenschaften), Diplom-Pädagoge, Kreativer Leibtherapeut AKL, Mitbegründer und Wissenschaftlicher Berater der Zukunftswerkstatt therapie kreativ, Wissenschaftlicher Leiter des Instituts für soziale Innovationen (ISI) sowie des Instituts für Gerontopsychiatrie (IGP), Vorsitzender der Stiftung Würde, Mitinhaber des Pädagogischen Instituts Berlin (PIB), Autor

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