Auch bösartige Menschen werden alt – was tun? Teil 7: Es gibt Grenzen

 

 

Wenn die Rohheit eines alten Menschen und seine Verachtung gegenüber Pflegenden Gewalttätigkeiten einschließlich sexueller Übergriffe hervorruft, dann bedarf es einer entschiedenen Haltung gegenüber diesen Menschen. Von Seiten der Leitenden müssen mit diesen Menschen Gespräche geführt werden, in denen nicht darüber diskutiert wird, ob das Verhalten überhaupt falsch war, sondern eindeutig vermittelt wird, dass ein solches Verhalten in dieser Einrichtung nicht geduldet wird und im Wiederholungsfall dazu führt, dass diese Menschen die Einrichtung verlassen müssen. Es gibt Einrichtungen für pflegebedürftige Täter, die dafür in Frage kommen. In ihnen werden unbelehrbare Menschen untergebracht.

Wer aus Rohheit gewalttätig wird, versteht in den meisten Fällen nur die Sprache des Drucks. Das ist bedauerlich und steht dem Selbstbild und dem Anspruch vieler Sozialarbeiter/innen und Pflegekräfte an die eigene Arbeit entgegen, doch es ist Realität.

Ein Beispiel:

Eine leitende Mitarbeiterin einer Pflegeeinrichtung erzählt: „Wir vertreten die Ansicht: Wehret den Anfängen! Da ist kürzlich ein neuer Bewohner gekommen, mit Frau und Tochter, gut orientiert. Ich habe das Erstgespräch mit ihm durchgeführt.“

Dann habe ich eine Pflegekraft hinzu gebeten und hinzugefügt: ,Das ist Schwester Karin. Sie ist jetzt für Sie zuständig.’ Da sagte der alte Mann im Beisein von Frau und Tochter: .Beugen Sie sich mal herunter, geben Sie mir ein Küsschen auf den Mund.’ Die Pflegekraft war sehr verlegen. Ich habe sofort reagiert und gesagt: ,Wissen Sie, wenn Sie denken, dass das hier so geht, dann ziehen Sie am besten gleich Ihre Jacke wieder an und fahren mit Ihrer Frau nach Hause.’ Und dann habe ich mich mit der Frau und Tochter zusammengesetzt und ihr Hilfsmöglichkeiten empfohlen. Ich finde, dass man da klar sein muss, von Anfang an. Wir brauchen dazu couragierte Leute, auch und vor allem an der Spitze, bei der Heimleitung, Pflegedienstleitung, Stationsleitung. Bei uns gehen nicht die Opfer, bei uns gehen die Täter.“

Siehe auch das Buch von:

Udo Baer, Gabriele Frick-Baer, Gitta Alandt: Wenn alte Menschen aggressiv werden Rat für Pflegende und Angehörige,                                                                                                     BELTZ Verlag, ISBN: 978-3-407-85986-0

 

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About Udo Baer

Dr. phil. (Gesundheitswissenschaften), Diplom-Pädagoge, Kreativer Leibtherapeut AKL, Mitbegründer und Wissenschaftlicher Berater der Zukunftswerkstatt therapie kreativ, Wissenschaftlicher Leiter des Instituts für soziale Innovationen (ISI) sowie des Instituts für Gerontopsychiatrie (IGP), Vorsitzender der Stiftung Würde, Mitinhaber des Pädagogischen Instituts Berlin (PIB), Autor

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