Das Herz vergisst nicht, Beitrag in der Zeitschrift „Pflegen“ 01/2019, von Michaela Asmuß

 erschienen in der Zeitschrift „Pflegen“ 01/2019

 

Brechen im Alter belastende Erinnerungen wieder hervor, ist das eine Herausforderung für die Pflege. So reagieren Sie richtig.

Viele ältere Menschen haben als Kinder oder Jugendliche die Schrecken des Krieges erlebt: Bomben, Hunger, Flucht waren allgegenwärtig. „Zwei Drittel der Menschen, die den zweiten Weltkrieg erlebt haben, mussten eine oder mehrere traumatische Erfahrungen erleiden“, sagt Dr. Udo Baer, wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Gerontopsychiatrie. Viele haben es verdrängt und nie darüber gesprochen. Doch im Alter brechen diese alten Wunden oft wieder auf.

„Für Verdrängung braucht man viel Energie. Im Alter lässt diese nach und das Verborgene wird lebendig“, erklärt Baer, der auch Vorsitzender der Stiftung Würde ist. Zudem gibt es viele sogenannte Trigger, also Auslöser: Donnergrollen, Hilflosigkeit, Dunkelheit, bestimmte Berührungen, die in der Pflege notwendig sind. Der Pflegebedürftige reagiert dann mit Angst, Schrecken und Panik. Einige werden aggressiv, andere versuchen zu fliehen oder erstarren. Wichtig ist, die Betroffenen in ihrer Not ernst zu nehmen. „Bestätigen Sie, dass die Angst da ist“, rät Baer. Damit bauen Sie eine Brücke. Trösten Sie und begleiten Sie Ihren Angehörigen, so gut Sie können.“ Auch eine ruhige Ansprache ist wichtig: „Du hast Angst, aber du bist jetzt nicht allein. Ich bin da und passe auf.“ Um herauszufinden, ob jemand von den Folgen des Kriegs belastet ist und was geschehen ist, sollte man versuchen mit seinem Angehörigen zu reden. „Etwas zu teilen, kann die Last für alle Beteiligten verringern“, sagt Baer. Und man kann das Verhalten des Pflegebedürftigen besser einschätzen und handeln. Sie können helfen, indem Sie zuhören, da sind, die Hand halten, Verständnis zeigen und trösten. „Verstehende Begegnung ist wichtig“, erklärt Baer. „Nicht Technik, sondern Herz zählt. Die Betroffenen waren damals meistens alleine. Jetzt brauchen sie uns und das Wissen, dass wir sie nicht alleine lassen.“

Autorin: Michaela Asmuß

About Udo Baer

Dr. phil. (Gesundheitswissenschaften), Diplom-Pädagoge, Kreativer Leibtherapeut AKL, Mitbegründer und Wissenschaftlicher Berater der Zukunftswerkstatt therapie kreativ, Wissenschaftlicher Leiter des Instituts für soziale Innovationen (ISI) sowie des Instituts für Gerontopsychiatrie (IGP), Vorsitzender der Stiftung Würde, Mitinhaber des Pädagogischen Instituts Berlin (PIB), Autor

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