Der Diagnoseschock. Wie die Demenz-Diagnose Familienbeziehungen durcheinanderwirbelt und was dann helfen kann, Teil 1: Die Demenz-Diagnose und die Zeit davor

Wenn Menschen die Diagnose Demenz oder speziell Alzheimer-Demenz erhalten, dann erschüttert dies. Diese Erschütterung ist umso stärker, je intensiver eine Phase der Angst vorherging. Im Unterschied zu früheren Zeiten wissen mittlerweile fast alle Menschen, dass eine Demenz bzw. Alzheimer-Demenz keine Erkrankung ist, die vorbeigeht, sondern dass diese Erkrankung immer schlimmer wird und im Tod endet. So positiv es ist, dass Wissen um die Demenz verbreitet ist, so sehr fördert es auch, dass sich Menschen vor der Demenz ängstigen. Das kann schon in jüngeren Jahren beginnen, wenn Menschen merken, dass sie etwas vergessen, und erst Recht, wenn sich dies wiederholt. Doch im höheren Alter wird die Angst größer und stärker.

Weiter lesen

Der Diagnoseschock. Wie die Demenz-Diagnose Familienbeziehungen durcheinanderwirbelt und was dann helfen kann, Teil 2: Der Schock

Der Schock

Eine Diagnose Demenz bzw. Alzheimer-Demenz ist ein Schock für alle Beteiligten. Ich betone noch einmal: alle Beteiligten. Diese Diagnose beinhaltet nicht nur eine Information, sondern ruft wesentliche emotionale Schockwellen hervor. Es ist ein Einschnitt zwischen dem Vergangenen und dem Zukünftigen, zwischen vorher und nachher. Dieser Schock, dieser Einschnitt muss gewürdigt werden.

Weiter lesen

Der Diagnoseschock. Wie die Demenz-Diagnose Familienbeziehungen durcheinanderwirbelt und was dann helfen kann Teil 3: Verleugnen, Erstarren, Aktionismus

 

Als Reaktion auf die Demenz-Diagnose begegnen uns vor allem drei häufige Reaktionen, nicht nur bei den unmittelbar Betroffenen, sondern auch bei Familienangehörigen.

Die erste Reaktion ist das Verleugnen: „Das kann doch nicht sein!“ Oder: „Die müssen sich vertan haben.“ Viele Menschen wollen nicht wahrhaben, was das Ergebnis der Diagnose ist. Solche Reaktionen kennen wir bei vielen schockartigen Ereignissen, die das Leben der Menschen beeinflussen und ändern können, zum Beispiel wenn ein Partner der Partnerin mitteilt, dass er sie verlassen wird, oder bei anderen Diagnosen wie zum Beispiel der Diagnose Krebs. Das Verleugnen ist kein bewusster Akt, in dem ein Mensch nach Überlegungen zu dem Schluss kommt, dass die Diagnose falsch sein muss. Nein, es ist eine zutiefst leibliche Reaktion, die dem Schock entspringt. Der Schock der Diagnose überfordert den Menschen. Also wird das, was die Diagnose sagt, abgewehrt, indem es in Zweifel gezogen oder ganz geleugnet wird. Das Verleugnen ist also eine Überlebensreaktion.

Weiter lesen

Der Diagnoseschock. Wie die Demenz-Diagnose Familienbeziehungen durcheinanderwirbelt und was dann helfen kann Teil 4: Das schaffen wir alleine!

Eine häufige Reaktion auf die Demenz-Diagnose besteht bei Betroffenen wie Angehörigen in der Haltung: Das schaffen wir alleine. Unsere Antwort auf diese Reaktion ist: Nein! Das schaffen Sie nicht! Sie brauchen Hilfe!

Es ist unbedingt notwendig, eine gegenüber der Hilfe offene Haltung zu entwickeln. Dies bedeutet nicht nur, dass man Hilfe suchen und annehmen muss, sondern auch und vor allem, dass man dafür offen ist und das Gefühl der Hilfsbedürftigkeit zulässt. Das können viele Menschen nicht. Es ist notwendig, sich mit den eigenen Mustern der Hilfe und der Hilfevermeidung zu beschäftigen. Die Menschen sind dadurch geprägt, dass sie Hilfesuche vermeiden und Hilfsangebote ignorieren oder gar ablehnen. Für Frauen ordnen sich unter und verstärken ihre familiäre helfende Rolle noch, indem sie zum Beispiel ihren Partner oder ihren Vater oder Mutter begleiten und pflegen und dabei weitere Hilfsmöglichkeiten ignorieren. Viele Männer sind darauf gepolt, Stärke zu zeigen: „Ich kann das alleine!“ Oder: „Indianer kennen keinen Schmerz – und keine Demenz!“

Wer Hilfe annehmen kann, wird nach unseren Erfahrungen deutlich besser die Demenz bewältigen und mit ihr leben können als einzelne Personen und als Familie.

Der Diagnoseschock. Wie die Demenz-Diagnose Familienbeziehungen durcheinanderwirbelt und was dann helfen kann, Teil 5: Was ungelebt blieb

 

 

Die Diagnose Demenz wirft für die Betroffenen und für die Angehörigen die Frage auf: „Was wollen wir noch (gemeinsam) erleben?“ Jeder Mensch hat Träume, hat Vorhaben, was man „irgendwann noch machen möchte“. Die Demenz-Diagnose stellt all diese Träume und Vorhaben – ob ausgesprochen oder nicht – in Frage.

Es gilt dreierlei zu tun:

Erstens ist es wichtig, sich darüber klar zu werden, welche Wünsche, Träume, Vorhaben vorhanden sind, welche ausgesprochen wurden oder vor allem diejenigen herauszufinden, die nicht ausgesprochen wurden. Es ist notwendig, dass sich die Familie zusammensetzt und darüber redet. Dabei wird sich zeigen, was in den Partnerschaften und auch in den Eltern-Kind-Beziehungen zu kurz gekommen ist, was ungelebt wurde.

Weiter lesen

Der Diagnoseschock. Wie die Demenz-Diagnose Familienbeziehungen durcheinanderwirbelt und was dann helfen kann, Teil 6: Die Scham

 

 

Wenn jemand die Demenz-Diagnose erfährt, ist es wünschenswert, dass das Familiensystem und die Freunde und Freundinnen helfen können und dürfen. Doch oft begegnen wir genau an dieser Stelle der Scham. Die Betroffenen schämen sich, dass sie an Demenz erkrankt sind – und reden deshalb nicht darüber. Familienangehörige schämen sich ihres oder ihrer Erkrankten und vor allem schämen sich viele Menschen, hilfsbedürftig zu sein. Sich helfen zu lassen, haben sie nicht gelernt, insbesondere diejenigen, die geprägt wurden durch die Kriegs- und Nachkriegsjahre oder weil die Kinder der Kriegsgeneration sind und deren Verhaltensweisen übernommen haben. Dass man hilfsbedürftig ist, möchten viele von diesen Menschen nicht zeigen. Deswegen verweigern sie Hilfe und verschweigen ihre Erkrankung, so lange es geht, damit sie gar nicht in den Ruf der Hilfsbedürftigkeit geraten. Sie bleiben lieber hilflos, als ihre Scham zu akzeptieren und auszuhalten oder gar durch sie hindurchzugehen und zu lernen, Hilfe zu akzeptieren.

Weiter lesen

Der Diagnoseschock. Wie die Demenz-Diagnose Familienbeziehungen durcheinanderwirbelt und was dann helfen kann, Teil 7: Schuldgefühle

 

 

Wer krank ist, hat oft Schuldgefühle. Schuldgefühle sind häufig die große Schwester der Schamgefühle. Wer eine Demenz-Diagnose hört, hat häufig Schuldgefühle, anderen zur Last zu fallen. Um damit umgehen zu können, ist es wichtig zu wissen, dass bei den Menschen Schuldgefühle und Schuld nicht immer zusammengehören. Es gibt viele Menschen, die schuldig sind, aber keine Schuldgefühle haben. Auf der anderen Seite gibt es die Schuldgefühle der Opfer, die sich schuldig fühlen, ohne Schuld zu haben.

Weiter lesen

Der Diagnoseschock. Wie die Demenz-Diagnose Familienbeziehungen durcheinanderwirbelt und was dann helfen kann, Teil 8: Die Zukunft

 

 

Bei einer Demenz-Diagnose erscheint vielen Betroffenen und Angehörigen die Zukunft grau und düster. Man weiß, dass der Alltag immer schwieriger wird und dass die Krankheit fortschreiten kann. Das macht Angst. Und Angst verschließt die Augen. Umso wichtiger ist es, über die Zukunft zu reden. Wir haben schon erwähnt, dass viele Menschen Pläne und Wünsche haben, die auch mit einer demenziellen Erkrankung verwirklicht werden können. Wird darüber nicht geredet, können diese Wünsche nicht auf ihre Realisierbarkeit überprüft werden.

Weiter lesen

Der Diagnoseschock. Wie die Demenz-Diagnose Familienbeziehungen durcheinanderwirbelt und was dann helfen kann, Teil 9: Ich liebe dich

 

 

Viele Menschen mit demenziellen Erkrankungen, die ihre Kinder oder ihre Partner/in lieben, haben Angst, diese Liebe nicht mehr fortsetzen zu können. Deswegen ist es gut, über diese Liebe zu sprechen. Möglichst konkret, möglichst darüber, wie sie sich konkret ausdrückt, wie sie gelebt wurde und gelebt wird. Zum Beispiel sind Fragen wichtig wie:

Weiter lesen

Der Diagnoseschock. Wie die Demenz-Diagnose Familienbeziehungen durcheinanderwirbelt und was dann helfen kann, Teil 10: Partnerschaftliche Biographiearbeit

In der Biographiearbeit ist es nicht nötig, möglichst viele Daten und Fakten zu sammeln, sondern es kommt auf das an, was wesentlich ist, um die Beziehung zu halten oder zu stärken. Deswegen ist es wichtig und sinnvoll, dass ein Paar sich an eine partnerschaftliche Biographiearbeit begibt oder dass es diese mit den Kindern gemeinsam gestaltet.

Weiter lesen